"Guten Tag" in der Bank

Das gibt es ja schon lange in der Purkersdorfer Erste Bank:
man kann zu jeder Tages- und Nachtzeit mit seiner Bankomatkarte die
Türe öffnen und die Bank betreten, um seine Bankangelegenheiten
zu erledigen.

Das war sicher am Anfang ziemlich ungewöhnlich, aber mittlerweile
habe ich mich daran gewöhnt und auch die anderen Institute haben
nachgezogen.

Was mich aber nach wie vor irritiert, ist das Verhalten der Leute:

Ich befinde mich als einzige Person im leeren Bankinstitut und fülle
irgend einen Erlagschein aus. Ein anderer Kunde öffnet die Türe mittels
Bankomatkarte, betritt den Raum, würdigt mich keines Blickes, keines
Grusses, geht schnurstracks zum Geldausgabeautomaten und tätigt
dort seine Abhebungen. Geht wort- und grußlos an mir vorbei wieder hinaus.

Sicher, auch im Supermarkt grüßt keiner beim Betreten oder Verlassen,
das habe ich aber erst jetzt nachträglich realisiert – es ist mir
dort weder aufgefallen noch hat es mich je gestört.

Dort sind aber auch meist viele Leute, und ab und zu wird man doch
von einer Regalbetreuerin gegrüßt.

Aber in der Bank, so von Person zu Person finde ich es schon merkwürdig.
Irgendwie kommt es mir vor, als würde die grußlose Person ein Einverständnis suchen, so auf die Art: „Ich hab dich nicht gesehen, wie du da zu nächtlicher Stunde in die Bank eingedrungen bist, ich erwarte von
dir aber auch, dass du niemanden erzählst, dass du mich gesehen hast!“.

Es liegt ein grosses Maß an Peinlichkeit in der Luft, als wenn man
jemanden bei einer verbotenen Handlung ertappt hätte oder selbst
ertappt wurde. Bei einem Bankeinbruch halt.

Und so werde ich auch nächstens wieder den Kragen aufstelle, die
Sonnenbrille aufsetzen und hinter einer Ecke warten, bis die
Luft rein ist.

Aber eines muss ich zugeben: verlasse ich als Erster die Bank
und sage ein lautes „Auf Wiedersehen!“, so wir der Gruss immer, fast
erleichtert, erwidert!